Haushaltsrede 2021

des OV Heiden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


Es ist schon bezeichnend, man könnte auch sagen programmatisch für diese Wahlperiode, dass der Bürgermeister seine erste Haushaltsrede in derselben Woche gehalten hat, in der die Bundesregierung den zweiten harten Lockdown beschließen musste, das Pariser Klimaschutzabkommen seinen 5. Jahrestag beging und die EU beschloss, die Klimaziele deutlich zu verschärfen.

Bis 2030 soll eine CO2-Reduktion statt wie bisher um 40 % vorgesehen, nunmehr um 55% erreicht werden. Dafür hat also auch die Gemeinde Heiden nur genau 2 Wahlperioden Zeit.
Die Coronakrise werden wir, wenn alles gut läuft, in 1,5 bis 2 Jahren auch wirtschaftlich überwunden haben.
Der Klimawandel hingegen nimmt immer mehr Fahrt auf. Laut Klima-Risiko-Index forderten die Hitzewellen 2018 in Deutschland 1.200 Menschenleben. Die Schäden durch die Dürre beliefen sich auf 1,2 Milliarden Euro, und die Stürme im Januar und September 2018 verursachten Schäden i.H. von 4,5 Milliarden. Damit gehörte Deutschland i.J. 2018 zu den drei am stärksten von Extremwetter betroffenen Staaten der Welt.
Der Bürgermeister und auch alle Parteien haben wiederholt und bei jeder Gelegenheit erklärt, wie wichtig das Klima sei. Die CDU hat in den letzten Jahren gebetsmühlenartig wiederholt, dass Heiden, durch seine regenerativen Energien sehr gut dastehe.
In seiner Haushaltsrede hat der Bürgermeister die Gewerbesteuereinnahmen aus der Windkraft von 220.000 €/a für unseren Haushalt besonders hervorgehoben.

Ja, die Anlagen stehen auf Heidener Gebiet. Aber der größte Anteil des Ökostroms wird nicht in Heiden verbraucht, sondern verkauft. Damit gehört auch die CO2-Vermeidung den Käufern, die dafür bezahlen, und nicht den Investoren.
Für die Vergangenheit geht das auch in Ordnung. Schließlich haben alle Beteiligten in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass ein vollständiger Ausstieg aus den fossilen Energien überhaupt erst denkbar und bezahlbar wird. Trotz all dieser Beteuerungen der Wichtigkeit des Klimaschutzes finden sich keine konkreten Maßnahmen im Haushaltsplan.

Als neue Fraktion im Rat der Gemeinde Heiden sind wir etwas verwundert über diese Vorgehensweise:
Es erfolgt weder durch den Bürgermeister und die Verwaltung, noch durch die Mehrheitsfraktion eine Planung, wie die CO2-Einsparung bis 2030 bzw. 2050 erreicht werden kann.
Die Gemeinde Heiden hat wie alle Kommunen nur begrenzte Haushaltsmittel zur Verfügung. Deswegen verstehen wir als Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen nicht, warum ein zielgerichtetes Vorgehen zur Einsparung von CO2 nicht in Angriff genommen wird.
Die Frage muss lauten:
Durch welche Maßnahmen kann die Gemeinde Heiden bei ihren eigenen Gebäuden möglichst effizient CO2 bei geringstem Kostenaufwand einsparen!

Hierzu die konkreten Zahlen:
Ausgehend von dem 1. Heidener Energiebericht im Jahr 2005 mit 1.019 t/a CO2-Emissionen bedeutet eine Umsetzung der offiziellen Klimaziele eine Reduzierung auf ca. 470 t/a im Jahr 2030. Daher müssen wir spätestens ab 2022 jedes Jahr mindestens ca. 35 t weniger als im jeweiligen Vorjahr verbrauchen.
Ab sofort muss gelten, nicht nur an der Energiewende gut zu verdienen, sondern auch mal kritisch in Heidens „Gute Stube“ zu schauen.
Zumindest wurde unsere Anregung aufgenommen, 25.000 EUR für eine Energieberatung zur Evaluierung von Klimaschutzmaßnahmen in den Haushalt aufzunehmen. Ein weiterer Haushaltsposten in Höhe von 100.000,- € für dieses Jahr einzuplanen, um erste Maßnahmen aus den Ergebnissen der Energieberatung umzusetzen, wurde leider abgelehnt mit der Begründung, ein pauschales jährliches Budget einzuplanen, sei nicht zielführend. Bei dieser Herangehensweise ist es aber kein pauschales Budget, was nach Ansicht der CDU jährlich „verpulvert“ werden soll, sondern es handelt sich um konkrete Maßnahmen, die durch das Energieaudit beschrieben werden, und über die der Rat dann jeweils zu entscheiden hat.

Wir haben in Heiden keine energieintensiven Betriebe, keine Stahlindustrie, kein Zementwerk, nutzen aber selbstverständlich diese Produkte.
Es ist also nötig, wenn man Klimaschutz ernst nimmt, auf den gesamten ökologischen Fußabdruck von Heiden zu schauen. Allein der ökologische Fußabdruck der Landwirtschaft ist immens. Das neue Baugebiet BO55, das dringend erforderlich ist, lässt den ökologischen Fußabdruck anwachsen, obwohl es vermeidbar wäre.

Natürlich können wir in Heiden nicht die Welt retten, aber wir können und müssen unseren Anteil an der CO2-Reduzierung deutlich erhöhen.
Unsere Amtszeit umfasst die entscheidenden Jahre, um den Pariser Vertrag zu erfüllen – und das funktioniert nur mit einem zielgerichteten Willen zur Veränderung. Je länger wir das Umsetzen der CO2-Reduktion hinauszögern, desto härter werden die Einschnitte später.

Darüber hinaus macht es keinen Sinn, jetzt noch Häuser zu bauen, die mit fossilen Energien beheizt werden. Wärmepumpen und Lüftungssysteme mit Wärmetauschern sind heutzutage keine Kostentreiber mehr. Zementsparende Bauweise, z.B. durch nachhaltige Holzbauweise, ist lange erprobte Praxis. (In den Niederlanden hat man ein Tempolimit auf den Autobahnen festgelegt, um die Bautätigkeit aufrecht erhalten zu können!)
Oft braucht es nur die Aufklärung der Bauwilligen. Hier könnte die Gemeinde durch die Vergabe von Ökopunkten steuernd eingreifen. Wir haben vor Ort herausragende Unternehmen, die zusammen mit der VHS und der Gemeinde entsprechende Seminare anbieten könnten.

Das Thema „Biodiversität“ kommt im Haushaltsplan nicht vor, dabei werden durch das massive Aussterben der Insekten unsere Nahrungsgrundlagen bedroht.
Hier kann die Gemeinde durch eine veränderte Bewirtschaftung und Rückgewinnung der Ackerrandstreifen und der innerörtlichen Grünflächen einen großen Beitrag leisten. Vreden hat das vor einigen Jahren schon umgesetzt, und heute radelt man im Sommer durch blühende Landschaften, was auch aus touristischer Sicht von Vorteil ist. Darüber hinaus kann man durch Anpflanzen von Alleen die Biodiversität weiter erhöhen, CO2 speichern und die Temperatur an heißen Tagen reduzieren.
Einige Maßnahmen sind diesbezüglich auch im Landschaftsplan vorgesehen und entsprechende Mittel durch den Kreis bereitgestellt.
Heiden ist ein liebenswerter Ort, und die Ehrenamtlichen haben daran einen großen Anteil.

Wir möchten an dieser Stelle allen ehrenamtlich engagierten Menschen in unsrer Gemeinde aus ganzem Herzen unsere Anerkennung und unseren Dank auszusprechen.
Engagiert bedeutet, dass jemand selbstlos, pflichtbewusst und uneigennützig deutlich mehr tut, als allgemein von ihm erwartet wird.
Das beginnt bei unseren Ehrenamtlichen in Feuerwehr und Rettungsdienst, aktuell besonders auch im Gesundheitsdienst, und endet bei weitem nicht bei bescheidenen Menschen in unserer Mitte, die sich einer verantwortungsvollen Aufgabe in der Nachbarschaft oder in ihrer Familie verpflichtet haben.

Ihnen allen sei an dieser Stelle besonders gedankt, denn Sie, liebe MitbürgerInnen, halten unsere Gesellschaft, unser Miteinander auf besondere Art und Weise zusammen und haben damit großen Anteil daran, dass es in Heiden so lebenswert ist. Das große Engagement unserer BürgerInnen, die Ökologie und die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Gemeinde Heiden sind die 3 tragenden Säulen unseres Gemeinwohls.

Um diese 3 tragenden Säulen nachhaltig zu entwickeln, empfehlen wir eine neue Herangehensweise.
In der mit einer CDU-Mehrheit und einem CDU-Bürgermeister geführten Stadt Steinheim im Kreis Höxter wurden Nachhaltigkeitsziele formuliert und eine Bilanz nach gemeinwohlökonomischen Kriterien aufgestellt. Der gesamte Kreis Höxter will die erste Gemeinwohl-Region Deutschlands werden und arbeitet gerade an der Umsetzung.

Überträgt man diesen Ansatz auf Heiden, so würden Einrichtungen wie das HeidenSpaßBad, die Westmünsterlandhalle und das Haus der Begegnung nicht nur als Kostenstellen im Haushalt, sondern als Pluspunkte in der Bilanz erfasst werden. Auch wenn in Heiden schon vieles davon umgesetzt wird, ist dies nicht Ausdruck eines grundlegenden Gemeinwohlkonzeptes, in dem soziale Begegnung, ehrenamtliches Engagement, Freizeitangebote und kulturelle Veranstaltungen als besondere Lebenswerte verankert sind.
Wir sind davon überzeugt, dass wir uns mit dieser neuen Herangehensweise auseinandersetzen müssen.

Wir schlagen deshalb vor, einen Arbeitskreis zur Gemeinwohlökonomie zu gründen, um innerhalb der nächsten 2 Jahre ein am Gemeinwohl orientiertes Konzept für Heiden zu entwickeln.
Um Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv in das Gemeinwesen einzubringen und es mit zu gestalten, möchten wir den Ausschuss für Schule, Jugend, Kultur und Sport anregen, ein Kinder- und Jugendparlament einzurichten.

Auch hier kann die Gemeinwohlökonomie interessante und neue Wege aufzeigen und bei Kindern und Jugendlichen Interesse an der Gemeinschaft zu wecken und gleichzeitig vermitteln, dass sie sich für ihre Belange aktiv einsetzen können und ernst genommen werden.

Auch im Zusammenhang mit einer Orientierung am Gemeinwohl begrüßen wir ganz besonders die Initiative des Bürgermeisters zur Digitalisierung. Sie ermöglicht ein transparentes Rathaus und kurze Wege zu den Bürgern. Digitalisierung ist ein wichtiger Baustein um unser Dorf zukunftsfähig aufzustellen und ermöglicht auch neue Formen der Bürgerbeteiligung.
Wir stimmen dem vorliegenden Haushaltsplan zu. Heiden ist in vielen Bereichen auf einem guten Weg, und das verdanken wir der Verwaltung, dem Bürgermeister, den anderen GemeinderätInnen und den sachkundigen BürgerInnen. Hier möchten wir uns für die Unterstützung bedanken, die gerade für uns „Neue“ besonders wichtig ist.

Wir freuen uns auf einen intensiven Austausch mit Ihnen, denn wir sind überzeugt „Heiden kann mehr“.

3 Kommentare

  1. Bodo Stratmann

    Beispielhaft, wie der OV Heiden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aktuell konkrete politische Handlungsfelder mit sozialräumlichen Perspektiven aufzeigt und Initialiven ergreift. Es entspricht einem Herzensanliegen von mir!
    Bodo Stratmann

    • FraSoMi

      Vielen Dank für das Lob! Gerne würden wir auch Ihre konkrete Unterstützung in der einen oder anderen politischen Maßnahme begrüßen. Zur Zeit finden unsere Fraktions- und Mitgliederversammlungen Online statt. Mit freundlichen Grüßen F. Jordan

  2. Edith Buer

    Es macht Freude diese ausgewogenen und konstruktiven Beiträge zu lesen.
    Zum Thema Energieberatung gibt es ein recht gutes Projekt „Ökoprofit“:
    Da werden „ganzheitlich“ Möglichkeiten erarbeitet effizienter und Ressourcensparender zu agieren. Ist in der Regel deutlich günstiger als eine allgemeine Energieberatung. http://www.oekoprofit-nrw.de; http://www.ressourceneffizienz.de;
    Vielleicht könnte so angefangen werden.
    Danke für Euer Engagement

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